Die heimliche Wohnungsdurchsuchung
Liebe Unioner,
herzlich willkommen in der Saison 2024/2025 mit einem sehr aktuellen und brisanten Thema!
In einem Rechtsstaat ermitteln die Strafverfolgungsbehörden grundsätzlich offen und erkennbar. Warum? Nun, sagen wir mal so: Die historischen Erfahrungen mit einer geheimen Staatspolizei waren in Deutschland sehr grausam.
Vom Gebot der offenen Ermittlung werden daher aus guten Gründen nur in besonderen Fällen Ausnahmen gemacht. Verdeckte Ermittlungsmethoden finden etwa bei der Telekommunikations- und Onlineüberwachung statt. Eine weitere Ausnahme will nun Innenministerin Nancy Faeser ermöglichen. Sie will dem Bundeskriminalamt (BKA) das Einbrechen in Wohnungen erlauben, um sie heimlich zu durchsuchen oder Spähsoftware zu installieren.
Die Wohnungsdurchsuchung ist bislang das Paradebeispiel einer offenen Ermittlungsmethode. Der Betroffene hat eine Reihe von Rechten: Er darf nach §§ 106, 107 StPO bei der Durchsuchung anwesend sein, ihm ist der Grund der Durchsuchung mitzuteilen und nach Beendigung ein Durchsuchungsprotokoll auszuhändigen. Kurz: Durchsucht die Polizei deine Wohnung, dann wirst Du es sehen und wissen. Und das gilt selbst, wenn Du nicht anwesend bist: Dann muss die Polizei einen Zeugen hinzuziehen.
Für die Durchsuchung spielt es auch keine Rolle, ob die Polizei repressiv, also zur Verfolgung einer Straftat, oder präventiv, also zur Abwehr von Gefahren, tätig ist. Denn die Polizeigesetze der Bundesländer enthalten inhaltlich gleichwertige Regelungen: So bestimmen auch §§ 36, 36 ASOG für Berlin gleichlautende Anwesenheits- und Auskunftsrechte des Betroffenen.
Mit dieser offenen Durchsuchung will nun die Innenministerin brechen. Ihr Entwurf sieht vor, dass das BKA die Durchsuchung von Wohnungen auch „verdeckt durchführen“ kann. Dabei soll es nicht nur um Durchsuchungen gehen, sondern auch darum, die Wohnung zu betreten, um auf den in der Wohnung befindlichen Geräten Spähsoftware zu installieren. Manche werden es noch wissen, das gab es ja alles schon einmal vor 1990.
Einzige Voraussetzung für die heimliche Schnüffelei: Es muss mutmaßlich ein Anschlag des internationalen Terrorismus geplant sein, der den Staat, das Leben oder die Freiheit von Bürgern oder Sachen von allgemeinem Interesse bedroht.
Ok … puuuh … Glück gehabt … Es geht ja nur um internationalen Terrorismus. Das betrifft mich als normale Bürgerin, als normaler Bürger nicht. Kampf gegen den Terror! Kampf für mehr innere Sicherheit. Das ist doch gut, oder?!
Wer sich sicher wiegt, wer sich nicht betroffen fühlt, möge doch mal bei der Letzten Generation nachfragen: Morgens an der Straße festgeklebt, abends auf der bayerischen Fahndungsliste als Terrorist aufgeführt. Oder wer mit Klima und Kleber nichts am Hut hat: Schaut über nationale Grenzen hinweg, um eine Vorstellung zu gewinnen, was staatliche Machtinstrumente in den falschen Händen anstellen können: Die Oppositionsbewegung in Venezuela, die die Lauterkeit der dortigen Wahlen anzweifelt, ist in den Augen des Staatsapparates auch eine Terrorbewegung. Der Begriff des Terrors liegt im Auge des Betrachters und seiner Motivation.
Wenn Faesers Entwurf wirklich Gesetz wird, dürfte das ein Dammbruch sein. Der aktuellen Bundesregierung mag keine böse Absicht unterstellt werden, aber ein Gesetz überdauert aktuelle Regierungen und zukünftige Regierungen könnten andere Absichten haben.
Eisern Union
Dirk Gräning